Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Montag, 29. Oktober 2012

Von L wie Lüthi über L wie Leuenberger bis V wie Vermin


Einmal mehr betrieb der SCB viel Aufwand, am Schluss stand das Team von Trainer Antti Törmänen aber erneut ohne Ertrag da. Der Play-off-Finalist hatte zwar viel mehr vom Spiel, agierte aber zu wenig zwingend. Obwohl das Schussverhältnis 18:3 (!) zu Gunsten der Berner lautete, führte der Gegner nach dem ersten Abschnitt mit 1:0 und gewann das Spiel letztendlich dank der besseren Effizienz.

So oder ähnlich lassen sich die Spielberichte der ersten Saisonspiele des SCB zusammenfassen. Ich schrieb damals noch von fehlender Ernsthaftigkeit und von Cüplihockey. Unterdessen fehlen die Punkte, man kämpft am Trennstrich und die Verunsicherung hat die Herrschaft übernommen.

Dass der SCB keine Familie im landläufigen Sinn ist, sondern ein pickelhartes Unternehmen der Unterhaltungsindustrie, in dem die Chefs, allen voran CEO Marc Lüthi ,sagen was Sache ist, wissen wir spätestens seit dem letzten Herbst. Meistertrainer Larry Huras wurde damals ohne sportliche Not und entgegen der Meinung von Sportchef Sven Leuenberger wegen unattraktiver Spielweise entlassen. Die Untergebenen haben in erster Linie zu akzeptieren und auszuführen.

Das gilt auch fürs höhere Kader. Anstellung und Entlassung eines ­Trainers ist laut Organigramm Sache des Verwaltungsrates. Letztlich ist es aber der Sportchef, welcher die verschiedenen Optionen prüft und dafür einsteht.

«Ich stehe nicht hinter der Entlassung. Es war kein sportlicher, sondern ein Marketingentscheid», sagte Sven Leuenberger damals nach Huras Entlassung, nachdem er seinen Trainer stets gestützt und sich vehement gegen dessen Entlassung ausgesprochen hatte.

Solche Details erfährt man gewöhnlich nicht beim SCB. Dass die Unstimmigkeiten dieses Mal öffentlich wurden, zeigt aber das Ausmass dieses Konfliktes. Die Chance, dass nach solchen Ränkespielen schnell wieder Ruhe einkehrt, sind gewöhnlich gering. Besonders wenn man sportlich den eigenen Ansprüchen hinterherhinkt.

Lüthi begründete diesen Entscheid damit, dass der Trainerwechsel vor allem im Interesse der Fans erfolgt sei. In der PostFinance-Arena solle künftig wieder mehr Freude herrschen.

«Mir ist bewusst, dass Sven Leuenberger nicht hinter dem Entscheid steht», sagte der CEO, sah im Handeln des Verwaltungsrats aber keinen Eingriff in den Wirkungsbereich des Sportchefs. «Wenn die Unternehmungsoptik entscheidet, hat sich die Sportoptik zu fügen», sagt Lüthi lapidar.

«Bleibt die Frage, wer letztendlich die Verantwortung trägt, wenn das Experiment „mitem Erschtlehrjahrsstift a der Bande“ scheitert. Der VR mit der alleinigen Kompetenz einen Trainer einzustellen, oder der Sportchef, der diesen Entscheid voll mittrug, mittragen musste», schrieb ich vor einem Jahr.

«Trainer entlassen meinetwegen. Für die wirtschaftlichen Gegebenheiten und die sehr spezielle Situation mit den Ansprüchen des SCB Publikums habe ich volles Verständnis. Ist das destruktive Theater einmal angelaufen, müssen Köpfe rollen, damit sich der Pöbel beruhigt.

Der Mob wird aber nicht lange ruhig sein, wenn nach einem Strohfeuer von drei Spielen nebst der Spielkultur auch noch die von Larry Huras aufgebaute gute Arbeitseinstellung und die Disziplin verloren geht. Ein Trainer bei einem Club wie dem SCB braucht einen vollen Rucksack an fachlicher Kompetenz und menschlicher Autorität. Daneben braucht er das Ego eines Christoph Blocher, um im Haifischbecken SCB zu bestehen. Eigenschaften, die ein 41 jähriger Trainerneuling gar nicht haben kann. Der wird zittern wie Espenlaub, wenn seine «180 Grad Kehrtwende» in der Hockeyphilosophie nicht funktioniert und der Pöbel zu pfeifen und mit Bierbechern um sich zu werfen beginnt.

Klaus Zaugg dürfte bereits daran sein, die Bleistifte zu spitzen und an Formulierungen zu schleifen, um die Dinge, die da kommen könnten, mit der nötigen Blumigkeit zu umschreiben.»

Jetzt sind wir gewissermassen am Ziel meiner damaligen Befürchtungen angelangt. Nicht nach drei Spielen immerhin, aber dafür seit Saisonbeginn. Die «Unternehmungsoptik», um diesen Begriff aufzunehmen, stimmt zurzeit zwar dank den Lockoutspielern. Die «Sportoptik» ist aber trüb wie ein beschlagenes Objektiv auf einer teuren Vollformatkamera.

Jetzt, wo man die Krise beim SCB nicht mehr schönreden kann und die Trainerfrage auch unter den Fans immer kontroverser thematisiert wird, sagt Leuenberger angesprochen auf den Trainer vielsagend:

«Die ganze Organisation steht in der Pflicht. Es ist die Aufgabe von jedem, dem Team zu helfen.»

Diese Aussage provoziert für einen lästigen Blogger, dessen Zuhause sich zwischen den Zeilen befindet, natürlich reflexartig die Gegenfrage: «Wer hilft dem Team denn nicht?»

Ist zum Beispiel Sven Leuenberger in der Lage, mit einem Trainer den er nicht wollte und mit einer schwierigen Situation, die er mutmasslich voraussah, klarzukommen? Kann er seine Verantwortung als Sportchef unter solchen Umständen überhaupt noch wahrnehmen? Ist und fühlt er sich noch mitverantwortlich, für die sportliche Entwicklung beim SCB?

Zur Erinnerung: Ich habe nach Larrys Entlassung geschrieben, dass Duc unter den damaligen Umständen unverzüglich den Hut genommen hätte. Immerhin waren sich Leuenberger und Huras sicher, auf dem richtigen Weg zu sein.

Ist Sven jetzt auch sicher, dass der eingeschlagene Weg stimmt? Wenn nicht, kann er dem Trainer und dem Team nicht helfen.

Und Marc Lüthi? Ist er als verantwortlicher CEO, der seinen Sportchef in der Trainerfrage übergangen hat, noch frei in seinen Entscheidungen? Immerhin schiessen die Medien seit der Vorsaison auf Törmänen und der Druck aus dem unzufriedenen Umfeld dürfte von Spiel zu Spiel grösser werden. Marc Lüthi gilt als immun gegen Einflüsterer. Wenn man sich aber in eine Sache versteift, leidet zuweilen die Objektivität. Immerhin soll Lüthi grosse Stücke auf Törmänen halten.

Fact ist, dass der SCB in der Vorsaisonphase lediglich magere 0.9 Punkte pro Spiel gewonnen hat. Selbst gegen den NL B Club Langenthal zog man den Kürzeren. Das wäre weiter kein Problem, wenn wir in der Meisterschaft zurzeit nicht bei lediglich 1.47 Punkten pro Partie stehen würden. Ein desaströser Wert für den NHL getunten SCB! Fact ist auch, dass Antti Törmänen seinem zweifellos talentierten Team auf die neue Saison weder eine erfolgreiche, noch eine spektakulärere Spielweise einzutrichtern vermochte. Auch die Integration der drei Lockout-Verstärkungen misslang und Hoffnungsträger Danielsson versauert auf der Tribüne.

Wäre ich ein Polemiker, würde ich sogar sagen, dass man mit den Lockoutspielern sinnlos Geld zum Fenster hinauswirft. Es ist jedenfalls kaum anzunehmen, dass der SCB „nature“ schlechter klassiert wäre als aktuell. Schliesslich macht es auch keinen Sinn, einen stärkeren Motor einzubauen, bevor man das Fahrwerk richtig einstellen kann. Mir war die Sache von Beginn weg nicht geheuer. Man hätte sich mit Roman Josi begnügen und Danielsson richtig integrieren sollen.

Ich weiss, die Meute hätte Zeter und Mordio geschrien, aber man wäre jetzt besser klassiert und könnte beruhigter in die Zukunft blicken.

Man könnte das Team jetzt im Hinblick auf die Meisterschaft sinnvoll ergänzen. Stattdessen droht Trümmerfeld und Lockoutende. Wäre noch Geld vorhanden, um innerhalb des Budgets sinnvolle Perlen zu pflücken? Kann man es sich noch leisten, in den Final zu wollen, wenn ausserhalb des Budgets nichts mehr geht?

Stören die drei NHL Spieler die Hierarchie im Team derart, dass die Leistungskultur zerstört wurde? Und kann der junge Trainer sich auf die veränderten Umstände einstellen? Kann er einen Mark Streit integrieren und nötigenfalls in den Senkel stellen?

Fragen über Fragen. Das einzige was wir wirklich wissen ist, dass die Unterhaltung trotz den teuren Lockoutspielern in den Onlinemedien, statt auf dem Eis stattfindet.

Um die Playoffs hauchdünn zu erreichen braucht es gewöhnlich 1.5 Punkte pro Spiel, für einen Spitzenplatz deren 2! Wie geschrieben, wir stehen bei 1.47...

So gesehen tönt es wie ein Hohn, wenn Sven Leuenberger schreibt:

«Es ist unverständlich, wenn jene Leute, die seit Jahren unsere Spiele besuchen, einfach in diesen grossen Ballon reinblasen, (sich von den Medien beeinflussen lassen) statt sich eine eigene Meinung zu bilden. Das stört mich. Gehe ich ins Kino, beurteile ich danach auch für mich, ob der Film gut war oder schlecht, und lasse mich nicht von allfälligen Kritiken beeinflussen.»

Gewiss, Sven hat schon Recht und ich bin durchaus bemüht, im Wesentlichen das zu beschreiben, was ICH sehe. Manchmal treibe ich es mit dem Antizyklischen gar derart auf die Spitze, dass mich gewissermassen der Zyklus überholt. Auf Dauer lässt sich aber nicht ignorieren, was tausende von Leuten sehen, derart kompliziert ist dieses Eishockey nämlich nicht.

Gut sind sie alle, diese Spieler. Aber wenn es im Kopf nicht stimmt, ist nichts zu machen. Entweder braucht es neue Impulse, oder Stressoren müssen integriert oder ausgemerzt werden. Dazu gehören auch mögliche negative Einflüsse aus dem Umfeld oder von aussen. Und selbstverständlich muss das Team Charakter haben. Den möchte ich dem SCB nicht absprechen.

Dass in Bern viel Druck von aussen kommt, ist unbestritten. Bern hat 16000 Zuschauer die sich identifizieren. Da weiss immer jeder, was zu tun wäre. Aber würden sich die Leute nicht identifizieren, kämen sie auch nicht ins Stadion. Und dass sich mit SCB-Schlagzeilen die Zeitungen besser verkaufen lassen als mit Themen zu kleineren Klubs wissen wir. Aber davon leben wir letztendlich auch.

Es hilft nichts, zu lamentieren.

Der SCB tritt nicht als Team auf, es sind keine funktionierenden Automatismen zu erkennen und die Leidenschaft fehlt. Es reicht auf diesem Niveau nicht, Eishockey zu arbeiten, um einen flotten Trainer zu stützen. Es braucht Teamgeist, Überzeugung und Spielfreude. Eishockey ist ein Spiel und muss auch gespielt, nicht nur erknorzt werden. Besonders mit so viel Talent in der Mannschaft. Angsthasenhockey...

Es wäre schön, wenn man die Krise an einzelnen Spielern, an der Linienzusammenstellung oder am Trainer festmachen könnte. Die Probleme, so befürchte ich aber, liegen tiefer.

Ich bin nicht SIMI, aber ich mag ihn. In diesem Sinne: Taktik und Linienzusammenstellung werden überschätzt. Viel wichtiger ist die Psychologie, klare Strukturen und dass von L wie Lüthi bis V wie Vermin alle am gleichen Strick ziehen!

Und noch etwas: Hänni und Gardner werden unterschätzt! Nicht? Oh doch!

Ich bitte um eine schonungslose Analyse und auf Massnahmen zum Wohle des SCB. Ist der Geist in der Unternehmung SCB aktull so, dass erfolgreich gearbeitet werden kann?

Werden schwelende Konflikte angesprochen und pragmatisch gelöst? Identifiziert sich jeder mit dem eingeschlagenen Weg und wird zum Wohle des Ganzen das Nötige getan, um die gesteckten Ziele zu erreichen?

Wenn nicht muss gehandelt werden, selbst wenn dazu schmerzhafte Personalentscheide gefällt werden müssen. Die Trendwende muss bis und mit der Natipause erfolgen. Die Mannschaft muss aufs Eis zum Gewinnen. Das braucht Selbstvertrauen und die Gewissheit, besser als der Gegner zu sein.

Spielt der SCB weiterhin brotlos und ohne Selbstvertrauen, wird es richtig ungemütlich werden. Der Druck wird sich weiter steigern und der Teufelskreis wird sich zu drehen beginnen. Man müsste dann Angst haben um unsere Mannschaft.

Würden sich die Ausgebooteten in den Playouts für den SCB zerreissen? Fragen über Fragen...

Fribourg, Zug und Genf. Ideale Gradmesser und die Chance, mein Geschreibsel ins digitale Nirwana zu blasen. J

Sonntag, 28. Oktober 2012

Von passivem Angsthasenhockey der übleren Sorte


Das mit 3:2 gewonnene Spiel gegen die kriselnden Kloten Flyers war nicht der erhoffte Befreiungsschlag. Eher eine kurze Verschnaufpause in der Tristesse der aktuellen sportlichen Krise beim SCB.

Herrlich, diese Foren. Da steht zum Beispiel auf dem Tigers Forum geschrieben: «Der bärtige und ungepflegte Zesiger soll wieder ins VBS und als Sonderbeobachter nach Afghanistan», oder «der Preis pro Becher Bier hätte mit einem Fünfliber wohl auch gereicht, oder muss mit dem zusätzlichen „Füfzgi“ die dicke Krawatte des Gastrochefs mitfinanziert werden?»

Momou, äs geit öppis im Ämmitau. Die Krisen-Rhetorik tönt unterdessen in etwa gleich, wie bei uns. Es lohnt sich also durchaus, etwas nach Langnau schielen. Zumal es gut möglich ist, dass wir im kommenden Frühling intensiver mit den Emmentalern zu tun haben könnten, als uns lieb ist.

Vielleicht könnte man Antti Törmänen gegen den studierten Psychologen John Fust tauschen. Möglicherweise eine Win-Win-Win-Win Situation.

Beim SCB habe ich, wenn wir schon bei Unterhaltung neben dem Eis sind, auch noch einen Oberburner gefunden. Nicht etwa auf dem Pinboard, dort geht es ähnlich konfus und eigentlich wenig unterhaltsam zu Werke. Nein, der Oberbrüller ist eine angebliche Aussage von CEO Marc Lüthi:

«Unsere Zuschauer gehen nach diesem Spiel happy nach Hause», soll er nämlich nach dem blutleeren Spiel gegen die kriselnden Flyers gesagt haben.

Ob er damit gemeint hat, die Zuschauer seien glücklich, weil ihnen weitere 5 Gähn Minuten in Form einer Verlängerung erspart geblieben sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich gehe jetzt mal davon aus, ansonsten müsste ich unseren Boss nämlich als «Scheuklappen-Marc» bezeichnen.

Es war ein absolut furchtbares Eishockeyspiel. Verunsichert, passiv, mechanisch, ohne Intensität, ohne Härte, ohne Checks, einfach ohne alles, was ein gutes Eishockeyspiel ausmacht. Zum Glück sind wir nicht in Rückstand geraten, das Kartenhaus wäre sonst in sich zusammengefallen, wie die japanische Küste nach dem verheerenden Zunami am 11.3.2011.

Das war passives Angsthasenhockey der übleren Sorte. Und das gegen einen Gegner, der zum Glück auch nichts zustande brachte. Ja, die Dramaturgie spielt sich zurzeit ganz klar neben dem Eis ab. Und in diesem Sinne hat dieser, wie soll ich ihn nennen, Fanprotest, durchaus positive Auswirkungen auf den Unterhaltungswert dieses tristen, vorwinterlichen Hockeyabend gehabt.

Dass jetzt deshalb derart übereutert wird, steigert den Unterhaltungswert des Theaters rund um den SCB noch einmal. Da schreibt der gute Urs Berger auf «hockeyfans.ch» doch tatsächlich folgende Zeilen:

«An stelle guter Stimmung zu verbreiten schwieg eine Mehrheit der Fans während dem ersten Drittel. Die Aktion alleine zeigt auf, wie kindisch das Verhalten einiger SC Bern Anhänger ist und wie wenig diese vom Sport verstehen. Dass es im Eishockey nicht immer so läuft wie es soll, kam wohl den wenigsten Anhängern in den Sinn. Auch die Transparente, welche die „Fans“ entrollten, welche eigentlich diesen Namen nicht verdient haben, zeugt von schlechtem Charakter. „Keine Lust? Wir auch nicht. Kämpft! Nicht für uns, sondern für Euch“ stand in grossen Lettern geschrieben. Kurze Zeit später wurde ein weiteres Transparent entrollt. „Anstatt die Kohle zu Hause in den Tresor zu stopfen, besser mal den Gegner boxen!“ Zwei Transparente folgten noch, welche aber vom Niveau her noch tiefer unten anzusiedeln waren. Keine Frage, auf solche Fans kann der Klub der Hauptstadt verzichten. Und Marc Lüthi sollte auch hier einmal ein Exempel statuieren und das Megaphone und andere Annehmlichkeiten verbieten.»

Urs Berger scheint entweder von allen guten Geistern verlassen zu sein, oder nicht mehr alle Tassen im Schrank zu haben!

Es ist das gute Recht der treuen Fans des SCB, ihren Unmut zu zeigen. Die Plakate mögen Geschmacksache sein, aber es kam weder jemand zu Schaden, noch wurde jemand angegangen oder diskriminiert. Auch wurde niemand gezwungen, bei den Aktionen mitzumachen.

Und der Ausspruch: «Keine Lust? Wir auch nicht. Kämpft! Nicht für uns, sondern für Euch», war sogar richtig gut und trifft die Sache im Kern. Die Mannschaft soll endlich wieder so spielen, dass ihr das Spielen Spass macht. Es würde dann auch den Fans wieder Spass machen!

Wer das Gefühl hat, die Leistungen des SCB, die schwache Vorbereitungsphase, der verunglückte Saisonstart und das aktuelle verunsicherte Gestocher seien logisch und daher mit begeisterten Jubelstürmen hinzunehmen, soll meinetwegen Polonaise tanzen und Winki-Winki machen. Ich für meinen Teil bin enttäuscht und besorgt. Selbst die NHL Verstärkungen schrumpfen beim SCB zu gewöhnlichen, durchschnittlichen Mitläufern.

Der arme Mark Streit, Captain der New York Islanders und der Nationalmannschaft darf doch in der Kabine kein Wort sagen, weil er sonst die Autorität der Arrivierten untergraben und den angeschlagenen Trainer blossstellen könnte. Superstar Tavares ist mit seinen 22 Jahren weit weg davon ein Leader zu sein und ist auch zusammen mit Vermin und Ritchie nicht in der Lage, Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Es ist sogar so, dass der junge Vermin mehr Raunen auf den Rängen verursacht, als der Star aus der NHL.

Und Roman Josi hätte sich die Rückkehr in seine Heimat wohl auch anders vorgestellt. Statt sich vom Publikum feiern zu lassen, versucht er in dieser verunsicherten Truppe mit zunehmender Verzweiflung etwas zu kreieren. Irgendwie traurig.

Es kommt mir vor wie in der Spielzeit 04/05, als sich der SCB nach schwachem Start die ganze Saison nicht mehr aus der Verunsicherung lösen konnte und um ein Haar in die Playouts gefallen wäre. Ein Szenario, das so unglaublich es klingen mag, auch dieses Jahr wieder aktuell werden könnte. Es gibt nämlich Parallelen, die sich nicht wegwischen lassen.

Wenn Rappi und Biel ihre Höhenflüge fortsetzen und der HCD sein Tief überwindet, gibt es freie Plätze in den Playoutregionen. SCB gegen Langnau in den Playouts, ein nicht auszuschliessendes Szenario. Zumindest die Saison der Emmentaler würde so gerettet.

Ich habe mir am Freitag wieder einmal konzentriert das Einlaufen angesehen und dabei Gesichtsausdrücke und Körpersprache gelesen. Die Verunsicherung war greifbar und von Spielfreude und Teamspirit war nichts, aber auch gar nichts zu sehen. Das kann ja heiter werden, habe ich gedacht. Leider hat das Gefühl nicht getrügt.

Die drei Punkte waren wohl schön, aber auch trügerisch. Das Gezeigte war weder der erhoffte Befreiungsschlag, noch eine signifikante Steigerung im Vergleich zum Spiel gegen die Lakers. Eher eine Fortsetzung des spielerischen Tiefpunktes.

Man hat etwas Zeit gewonnen. Aber wie man in den kommenden Partien gegen Fribourg, Zug und Genf bestehen will, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Schaun wir mal.

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Leidenschaft lässt sich nicht befehlen


Leidenschaft ist eine das Gemüt völlig ergreifende Emotion. Sie umfasst Formen der Liebe und des Hasses, wird aber auch für religiösen, moralischen oder politischen Enthusiasmus benutzt und beschreibt die intensive Verfolgung von Zielen von beispielsweise Kunstliebhabern, Sammlern oder auch von Sportlern.

Ich habe neulich geschrieben, dass Antti Törmänen Hilfe von oben brauche, um den SCB wieder auf Kurs zu bringen.

Was ich mit Hilfe von oben meinte, überlasse ich der Interpretation der Leser. Kleine Zweideutigkeiten beleben das Lesen und letztendlich liest sowieso jeder das aus Texten, was er lesen will.

Offensichtlich hat Antti gestern Hilfe von oben erhalten. Jedenfalls soll er mit finsterer Mine in die Garderobe gestapft sein. Sogar von mitternächtlichem Straftraining ist die Rede.

Geredet wird selbstverständlich viel. Sogar über den Trainer. Und das obwohl Lüthi geknurrt haben soll, «es solle ihm niemand mit dem Trainer kommen.»

Dass das Unsinn ist, wird freilich auch unser Zirkusdirektor wissen. Auch dass der Zirkus Maximus auf bestem Weg ist, zu einer Theaterbude zu verkommen, dürfte ihm nicht entgangen sein.

Ja, Hilfe von oben ist gut. Denn wer will nach der blutleeren Darbietung in Rapperswil schon daran glauben, dass Törmänen in der Lage ist, einen John Tavares in den Senkel zu stellen oder den heiligen Zorn in den Katakomben der Theaterbude zu entfachen?

Liebe kann man so wenig zertränen, wie man Leidenschaft befehlen kann. Eine leidenschaftliche Mannschaftsleistung lässt sich nur mit einer verschworenen Truppe mit einem respektierten General an der Spitze erreichen. Dabei sollte man Respekt nicht mit Liebe verwechseln.

Wenn es eine Eigenschaft gibt, die ich für eine Führungskraft im Generellen und für einen Trainer einer Sportmannschaft im Speziellen als besonders wichtig bezeichnen würde, dann ist es die Fähigkeit, Leidenschaft für die gestellte Aufgabe zu vermitteln.

Taktik mag ein Faktor sein, aber im Vergleich zur Leidenschaft ein wahrlich unbedeutender.

Der SCB präsentiert sich nicht als Team, sondern viel mehr als Ansammlung von hochbegabten Sportlern, die jeder für sich fleissig und durchaus willig ihren Job erledigen. Allerdings mit der Leidenschaft eines Fabrikarbeiters an einer Büchsenverschliessmaschine. Kein Wunder, dass es nicht gelingt, zu guten Torchancen oder schmutzigen Abstauber Toren zu kommen. Nicht gegen die Tigers, nicht gegen die Lions und auch nicht gegen die Lakers.

Ausserdem werde ich den Eindruck nicht los, dass sich das Spiel nur noch um die drei Spieler aus der NHL dreht. Die scheinen die alleinige Lizenz für Spielaufbau und Abschlüsse zu haben. Die anderen scheinen sich zu verstecken.

Unserem Sportchef dürfte es schwerfallen, sich mit der Situation zu identifizieren, die Hierarchien in der Mannschaft scheinen nicht mehr zu spielen oder gar nicht mehr zu existieren und die Leidenschaft scheint nur noch bei Marc Lüthi vorhanden zu sein.

Lumpige 6 Vollerfolge aus 16 Partien stehen zu Buche. Und das mit einer Mannschaft, die selbst Klaus Zaugg per Telefax locker zum Titel coachen würde. Nach Verlustpunkten sind wir mittlerweile unter dem Strich, der Abstand zur Spitze wächst und beträgt jetzt bereits 16 Punkte. Die Mannschaft erzielt pro Match bescheidene 2.75 Törchen und erhält deren 2.5.

Das Selbstvertrauen ist im Keller und die Stimmung bei den Fans ist miserabel. Es wird gar von Streik gesprochen oder dass man dem Team den Arsch zeigen sollte. Also ich für meinen Teil werde weder streiken, noch meinen beinpressgestrafften Arsch entblössen. Schliesslich ist die Situation so wie sie sich präsentiert hochinteressant.

Die Diskussionen drehen sich nur noch um mögliche Traineralternativen. Die angegrauten Dinos träumen von Bill Gilligan, obwohl dieser eigentlich längst in den Museumswindungen im Gehirn abgelegt sein sollte. Andere sehnen sich nach Ruhnke oder Kreis. Fehlt nur noch, dass auch Cadieux noch aus der Mottenkiste der Erinnerungen der guten alten Zeit hervorgeholt wird. Aber so ist der Mensch: Steckt ihm die Kacke bis zur Kinnkante, sucht er verzweifelt nach Rezepten aus besseren Zeiten.

Ich habe auch kein realistisches Rezept. Vielleicht sollte man die drei Stars aus der NHL dorthin zurückschicken, wo sie herkommen. Vielleicht liesse sich dann wieder so etwas wie eine gesunde Hierarchie aufbauen. Es würde dann wieder von allen Verantwortung übernommen, Danielsson würde sich zum dem entwickeln, was man erwartet hat und die Mannschaft könnte zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammenwachsen, die stärker wäre, als ein Haufen Papiertalent.

Marc Lüthi will offensichtlich am Trainer festhalten und die Krise durchseuchen, um dann gestärkt daraus hervorzugehen. Nur dürften die NHL Spieler diesen Prozess eher stören, als dass sie eine Hilfe wären.

Am Freitag kommt Kloten und ich befürchte, dass die Stöcke zittern und die Meute bei der kleinsten Veranlassung pfeifen wird. Wer will es ihnen verübeln? Und warum sollte sich bis am Samstag etwas ändern, wenn sich die Lage in Rapperswil mit dem Messer am Hals gar noch verschlechtert hat?

Ich bleibe zurzeit noch wohlwollend, was Antti Törmänen anbelangt. Aber bis zur Natipause MUSS die Talsohle durchschritten und eine Trendwende ersichtlich sein. Ansonsten ist Handeln angesagt.

Schliesslich sind wir nicht in Langnau. Und sollten wir unsere sportlichen Ansprüche auf das Niveau der Tigers senken müssen, dann will ich einen besseren Sitzplatz, eine wärmere Halle und bessere Bratwürste.

Und was der Check von Yannick Blaser gegen Andres Ambühl anbelangt: Wie seinerzeit Heins gegen Josi. Das dürfe man, belehrte damals Schiri Boss Bertolotti die Kritiker, welche darauf hinwiesen, dass man doch in jener Saison eigentlich die Köpfe der Spieler besser schützen wollte.